Verfasst von: Monist | 26. April 2013

Konsequenzen aus der Selbstreflektion?

Zu dem Thema Reflektion und Selbsterkenntnis (1) (2) (3)  muss ich wohl einiges gerade rücken: Die rationale Verarbeitung falscher Vorurteile und Schlussfolgerungen steht natürlich auch jedem Indeterministen offen, auch wenn der Anlass für die Gedanken hier der Determinismus war: Warum sollte ein Indeterminist nicht über derartige Dinge nachdenken können und danach seine Position auf vernünftiger Basis gerade rücken und zu ganz ähnlichen Erbgebnissen kommen können? In der Diskussion um den Determinismus müssen wir uns vor der fehlerhaften Suggestion hüten, der Determinismus würde zu diesem und jenem führen, wenn die Frage naum Nachdenken über diese Thematik anregt! Ob Determinist oder Indeterminist: Man kann gar nicht genügend über die Ursachen im täglichen Leben nachdenken.

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Kampf der Tiger

Geradezu klassisch ist die Behauptung, dass der Determinismus zu einem milderen Umgang mit Übeltätern führe, weil man sie ja so gut verstehen könne. Es gibt entsprechende Aussagen nicht nur von Albert Einstein oder auch Ted Honderich (Wie frei sind wir?) zu dem Thema. Das ist jedoch nur begrenzt richtig, weil hier unterschiedliche Dinge vermengt werden. Die rationale Erkenntnis, dass ein Täter aufgrund kausaler Bestimmtheit zu seiner Tat gelangt ist, kann zu einem rationalen Verständnis führen, wie es dazu gekommen ist. Es gibt anscheinend nun Menschen, die z. B. ihre Rachegefühle gegenüber einem Täter aufgrund dieser Erkenntnis angeblich unterdrücken. (Ha!: Würde ich erkennen dass der Täter akausal, also zufällig und demnach unabhängig von seinen guten Vorsätzen zu einer Tat gelangt wäre, dann wäre vielleicht Mitleid mit dem Täter angebracht!) Nun kann man jedes Gefühl mehr oder weniger unterdrücken, je nachdem, wie stark ein solches Gefühl ist. Vielleicht sollte man sich dann jedoch auch die Frage stellen, warum man ein solches Gefühl hat. Die Racheinstinkte sind bereits in der Tierwelt angelegt und die Gegenwehr bzw. Bestrafung ist der angeborene Instinkt zum Schutz der eigenen Person und der eigenen Interessen. Anders ausgedrückt: Diejenigen, die keine Notwehrinstinkte oder Racheinstinkte hatten, sind längst ausgerottet worden, zum Teil schon in der Tierwelt. Vielleicht erkenne ich meine Gefühle und Instinkte aber auch gerade als erforderlich, um meine eigenen Interessen oder die Interessen anderer Menschen mit dem genügenden Eifer verfolgen zu können. Dann kann in dem rationalen Überdenken einer Position auch eine Bestätigung liegen. Beim Überdenken sind wir als rationale Wesen – als Menschen – einen Schritt weiter: Das Ergebnis der Reflektion kann aber nicht grundsätzlich festgelegt werden. Würde jedes rationale Erkennen der Ursachen eines Gefühls zu seinem Verschwinden führen, wäre es wohl um die Liebe schlecht bestellt.

Foto von: Buggsy, „Kampf der Tiger“

by_sign Some rights reserved;  Quelle: www.piqs.de

Verfasst von: Monist | 15. April 2013

Jeder kann Parkinson bekommen… wirklich?

„Jeder kann Parkinson bekommen“ schreibt die Tageszeitung „Die Welt“ als Artikelüberschrift am 11.04.2013, S. 22.

Subjektiv ja, objektiv nein: Wo wir wieder beim Thema wären. Jeder versteht, was die Zeitung uns sagen will, es ist nicht bekannt, was konkret Parkinson (Schüttellähmung) verursacht. Also wissen wir (subjektiv) nicht, wer von uns in Zukunft Parkinson bekommen wird – soweit trifft die Aussage zu.

Angst aus der Flasche

Angst aus der Flasche

Andererseits bekommt aber nicht jeder Mensch Parkinson, sondern nur diejenigen, bei denen bestimmte Ursachen zu Parkinson führen – und das sind ersichtlich eben nicht alle Menschen, so jedenfalls die wissenschaftliche Sichtweise. Also besteht auch von vornherein nicht die Möglichkeit, dass jeder Parkinson bekommt, sondern nur ganz bestimmte Menschen. Von den über 80-Jährigen erkranken übrigens immerhin etwa 1,5–2,0 % an einem Parkinson-Syndrom (Wikipedia, 11.04.2013).

Wieder einmal geht es aber um den psychologischen Effekt, den wir mit unserer wertenden Betrachtung auslösen: Angst, Panik, jeder kann Parkinson bekommen (subjektiv) oder eben nur ganz bestimmte Personen (objektiv), wobei wir vorher nicht wissen, wer dies sein wird. Dabei räumt selbst Die Welt ein, dass Kaffeetrinker und Raucher statistisch weniger Parkinson bekommen.

Dabei muss der Indeterminist einräumen, dass eben doch auch objektiv jeder Parkinson bekommen kann. Grundlos. Zufällig. Die Geißel Gottes – ach nein, das war Epilepsie, aber für die sieht es wohl ähnlich aus.

Verfasst von: Monist | 7. April 2013

„Das naturalistische Weltbild“ gibt es nicht.

Sophie Anderson, "Take the Fair Face of Woman, and Gently Suspending, With Butterflies, Flowers, and Jewels Attending, Thus Your Fairy is Made of Most Beautiful Things"

Sophie Anderson, „Take the Fair Face of Woman, and Gently Suspending, With Butterflies, Flowers, and Jewels Attending, Thus Your Fairy is Made of Most Beautiful Things“

Unter „Naturalismus“ werden ganz verschiedene Anschauungen verstanden.
Naturalismus bedeutet, dass alle Vorstellungen von der Welt der wissenschaftlichen Methode stand halten müssen. Anders ausgedrückt: Alles muss mit rechten Dingen zugehen, also ohne Zauber, Elfen, Weihnachtsmann, Geister und Gott.

Nun bringt es die Wissenschaft mit sich, dass in bestimmten Bereichen keine absolute Klarheit herrscht. Dies bringt es mit sich, dass es unterschiedliche Vorstellungen von der Welt geben kann, die alle als naturalistisch bezeichnet werden. Zwar setzt der Naturalismus voraus, dass nicht willkürlich einfach irgendetwas als wahr angenommen wird, ohne dass es bewiesen wäre. Die Grenze unterliegt aber einem gewissen Beurteilungsspielraum des jeweiligen Naturalisten, so dass unterschiedliche Anschauungen unter dem Sammelbegriff (!) Naturalismus unvermeidbar sind.

Zu einer Weltanschauung gehört dann aber auch noch mehr, als die Beschaffenheit der Welt mit Mond und Sternen ohne Gott: Die Weltanschauung ist ein umfassenderer Begriff und umfasst auch die Ethischen Grundlagen. Diese müssen für einen Naturalisten jedenfalls stets mit dem Naturalismus vereinbar sein. Ein Naturalist kann also nicht sagen: Wenn Du Deinen Sklaven misshandelst und er stirbt erst nach drei Tagen, so ist das kein Problem, weil es ja Dein Geld ist. Pardon, das kann ein Naturalist natürlich doch sagen, nur kann er eben nicht sagen: Das ist so, weil die Gottheit es so angeordnet hat – wie es in der Bibel steht.

Ethik und Normen sind Gegenstand menschlicher Wertung, so oder so. Man mag bestimmte Anhaltspunkte in der Natur erkennen können, die bestimmte Wertungen mehr oder weniger sinnvoll erscheinen lassen. „Die eine“ zwangsläufige verbindliche Ethik ergibt sich aus der Natur jedoch nicht.

Dementsprechend gab es in der Historie der Menschheit Humanisten, Utilitaristen, Stalinisten, Demokraten, Sozialdarwinisten und so weiter, die wohl alle noch als Naturalisten durchgegangen wären.

August Malmström - Tanzende Feen

August Malmström – Tanzende Feen

Daraus ergibt sich aber, dass es unterschiedliche Weltanschauungen gibt, auf die das Attribut Naturalismus zutrifft, die untereinander jedoch im Grunde nichts miteinander zu tun haben.
Auf den Oberbegriff „Atheismus“ oder „Agnostizismus“ trifft dies erst recht zu, da hier sogar noch die Abgrenzung von Menschen fehlt, die zwar an keinen Gott glauben, jedoch nicht einmal Monisten sind und an alle mögliche Esoterik glauben können.

Verfasst von: Monist | 31. März 2013

Atheismus führt zur Diktatur

Atheismus führt zum Massenmord

Das Argument, Hitler und Stalin seien Atheisten gewesen, wird gerne von christlichen Propagandisten als Beleg angeführt, dass die Menschheit das Christentum als moralische Grundlage benötige.

Nun, Hitler war Katholik und Stalin mag zwar Atheist gewesen sein, er hat aber keine Menschen für den Atheismus getötet – anders als manche Kreuzzügler und religiösen Terroristen: So jedenfalls wird es gerne in den Diskussionsforen transportiert.

Stalin2Hinsichtlich beider Personen ist dies meines Erachtens zu einfach. Gerade bei Lenin und Stalin haben die weltanschaulichen Komponenten durchaus eine Rolle gespielt, und zwar der „dialektische Materialismus“ und Determinismus:

So war in der Sowjetunion der dialektische Materialismus Staatsdoktrin, Religion hingegen Opium des Volkes (Marx). Unter „dialektischem Materialismus“ verstand man schon zu Lenins Zeiten nicht ein starres Festhalten an der Materie, sondern es handelte sich dem Grunde nach um eine naturalistische Weltanschauung, die für neue Erkenntnisse offen war: „Sie [die alten Materialisten] beweisen die Beschränktheit dieser Auffassung, die Unmöglichkeit, sie als Schranke unseres Wissens anzuerkennen, die Starrheit vieler Begriffe bei den Anhängern dieser Auffassung. Und dieser Mangel des alten Materialismus steht außer Zweifel; Nichtverstehen der Relativität aller wissenschaftlichen Theorien, Unkenntnis der Dialektik, Überschätzung des mechanischen Gesichtspunktes – das warf Engels den früheren Materialisten vor.“ (W. I. Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, S. 313)

In Konsequenz wurde der dialektische Materialismus aber auch als Determinismus verstanden, so schreibt der Spiegel über Lenin: „So proklamierte Lenin die „auf dem Determinismus aufgebaute Weltanschauung“ des dialektischen Materialismus, die allein „eine strenge und richtige Bewertung“ menschlichen Verhaltens gestatte und schließlich verhindere, „daß alles mögliche auf den freien Willen abgewälzt wird“. Willensfreiheit, so dekretierte Lenin, sei „eine unsinnige Fabel“.“ (Der Spiegel, 50/1966 vom 05.12.1966, zum Thema „Marxismus, Rebellion der Natur“)

Irgendwo im schlecht durchdachten Determinismus ohne menschenrechtlichen Unterbau war dann aber auch die mörderische Diktatur des Stalinismus bereits angelegt:
Der Mensch hatte keine Willensfreiheit, sondern sollte ausschließlich das Produkt der Gesellschaft sein. Genauso war also seine politische Meinung ausschließlich das Produkt der Gesellschaftlichen Umstände. Wenn aber Parteien nur den Willen von Bevölkerungsschichten ausdrücken, der Wille der Individuen aber auch nur das Produkt der Umstände ist, dann sind auch die Handlungen der Parteien nur das Produkt der gesellschaftlichen Umstände.
Eben diese gesellschaftlichen Umstände, hielten aber Marx & Co. für den gravierendsten Fehler, den sie bekämpfen wollten, so dass sie dementsprechend aber auch nicht mehr bereit waren, die Ansichten der politischen Gegner als Produkt des status quo zu respektieren.

Wenn ich diese Umstände hier so drastisch ausführe, dann aber nur deshalb, weil sich die Naturalisten und Deterministen eben doch die Frage gefallen lassen müssen, unter welchen Umständen der Determinismus in die Diktatur führt und unter welchen Umständen dies nicht der Fall ist.

Meines Erachtens sind dies zwei Umstände, die zusätzlich zum Determinismus für die Missachtung der Meinungen anderer Menschen relevant waren:
1. Der positive Fatalismus, also der Glaube, aufgrund bestimmter Gesetzmäßigkeiten den Verlauf der Zukunft zu kennen und diesen Verlauf auch gut zu finden.
2. Die Fehlvorstellung von der Freiheit ansich, die Vorstellung nämlich, dass der Determinismus die Freiheit aufhebe und aufgebe, dass Determinismus und Freiheit inkompatibel sind. Jeder, der dies glaubt, muss sich allerdings fragen lassen, inwieweit ihn ein echter Zufall im Gehirn oder ein Hirn als Lottomaschine denn zu einer freieren Person mache. Dies kritisierte Heydenreich schon 1793 an den Indeterministen, „…, bei denen Freiheit mit Zufall verwechselt ward, …“ (August Ludwig Christian Heydenreich, „Über Freiheit und Determinismus“, 1. A., Erlangen, 1793, Verlag Johann Jakob Palen, S. 46).

Aus der Perspektive Lenins und Stalins spielte es dann wohl auch keine Rolle mehr, ob sie den Menschen noch Freiheit bis in den letzten privaten Bereich wegnahmen, wenn die Menschen ohnehin nur einer Freiheitsillusion aufgesessen waren. Wenn man aber einen rein religiösen Freiheitsbegriff aufgreift und diesen dann mittels der Wissenschaft betrachtet, braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn am Ende nichts mehr davon übrig bleibt.

Lenin2Von vornherein hätte Lenin daher von einem rationalen Freiheitsbegriff ausgehen sollen, von der subjektiv-perspektivischen Freiheit, von der Freiheit, die wir fühlen und wahrnehmen. Dies ist die Freiheit, auf die es ankommt, die wir brauchen. Diese Freiheit ist von der Frage Determinismus-Indeterminismus aber vollkommen unabhängig.

Und hätte er Wert gelegt auf diese Freiheit, dann hätte er vielleicht auch den Wunsch anderer Menschen nach Freiheit respektiert und hätte dann vielleicht auch ihre Ansichten respektiert: Die Ansichten, die zwar determiniert waren, die aber dennoch aufgrund individueller ethischer Wertung entstehen, die nicht durch eine (religiöse) universell richtige Ethik zu ersetzen sind, weil eine solch starre, quasireligiöse Ethik eine Illusion ist.

„…in seiner Studie „Ökonomik der Transformationsperiode“ empfahl er [Anm.: Bucharin] 1920 „außerwirtschaftliche Zwangsmaßnahmen“ wie Erschießen „als Methode, aus dem Menschenmaterial der kapitalistischen Epoche die kommunistische Menschheit herauszuarbeiten“. Anmerkung Lenins: „Ganz richtig. „“ (Der Spiegel, 52/87, 21.12.1987, S. 113)

Es gibt Philosophen, die auch zwischen einem sogenannten »ontologischen«/»metaphysischen« Naturalismus einerseits und einem »methodologischem« Naturalismus andererseits unterscheiden wollen: Gemeint ist mit den Begriffen, dass diejenigen Naturalisten, die von der wissenschaftlichen Methode ausgehen, die methodologischen Naturalisten sind, während die ontologischen Naturalisten größeren Wert auf das Ergebnis der Untersuchung der Welt legen. Der Blick richtet sich dort eher auf das Ergebnis der Weltanschauung.

Bei diesen Ausprägungen geht es meines Erachtens nicht um verschiedene Weltanschauungen, sondern um die Frage, wie man den Naturalismus am besten vom Supernaturalismus (Glauben an das Übernatürliche) abgrenzt. Natürlich blickt man bei der Abgrenzung als erstes darauf, was jemand vertritt und ordnet danach ein, ob es sich dabei um Naturalismus oder eher Supernaturalismus handelt – glaubt jemand an den Substanzdualismus oder die Homöopathie? Was ist damit aber gewonnen? Etwas Schöneres können sich die Supernaturalisten kaum vorstellen, denn es scheint so, als würden hier nur die Ergebnisse, also die Weltbilder, gleichwertig gegenüber gestellt. Dabei kennzeichnet sich der Naturalismus doch gerade dadurch aus, dass nicht willkürlich und starr etwas behauptet wird, sondern dass dieses Ergebnis mit der wissenschaftlichen Methode begründet können werden muss: Genau das ist das wichtigste Unterscheidungskriterium.

Bildlizenz siehe unten

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Und ich frage mich auch, ob der Aufhänger am Ergebnis des Weltbildes überhaupt sinnvoll ist – insbesondere, wenn die Abgrenzung von ontologischem Naturalismus zum methodologischen Naturalismus zur Abgrenzung der Naturalisten untereinander verwendet wird, und nicht nur zur Abgrenzung nach außen, ist hier Vorsicht geboten: Was ist denn gewonnen, wenn ich feststelle, dass ich mir mit einem »ontologischen Naturalisten« vom Ergebnis her in allen Punkten einig bin, dieser aber das wissenschaftliche Erkenntnisprinzip zur Ermittlung der Realität ablehnt oder in Frage stellt? Das bedeutet doch, dass das wissenschaftliche Erkenntnisprinzip mit Willkür oder einem supernaturalistischen Erkenntnisprinzip ersetzt wird oder dass diese Person von vornherein nicht bereit ist, das Weltbild mit wissenschaftlichen Methoden messen zu lassen. Und wenn das der Fall ist, dann handelt es sich eben nur zufällig um ein Weltbild, das wie ein naturalistisches Weltbild aussieht, das hat dann mit Naturalismus nur insoweit etwas zu tun, als die Weltbilder oberflächlich betrachtet deckungsgleich sind.

Wird morgen mit wissenschaftlichen Methoden etwas nachgewiesen, was wir heute noch für übernatürlich halten würden und nehmen wir dies nicht in unser Weltbild auf, sondern würden wir irrational und starr an unseren alten Auffassungen hängen bleiben, was wäre denn dieses Weltbild dann, wenn nicht supernaturalistisch?

Ontologisch, also vom Ergebnis her, kann es innerhalb des Naturalismus durchaus unterschiedliche Auffassungen von der Welt geben: Die Wissenschaft lässt schließlich in verschiedenen Bereichen auch unterschiedliche Deutungen zu. Möglicherweise hat ein anderer sogar von Wissenschaftlichen Ergebnissen Kenntnis, von denen ich noch nicht einmal etwas gehört habe. Die Abgrenzung nach außen muss immer im Wege der Begründung über die wissenschaftliche Methodik erfolgen, niemals über ein „Basta, Deine Auffassung ist Supernaturalismus!“

Definiert man den ontologischen Naturalismus wie The Cambridge Dictionary of Philosophy, edited by Robert Audi, 2nd ed. Cambridge: Cambridge University Press, 1999. p. 596, dass nach einem naturalistischen Weltbild alles natürlich ist, dann ist dies eine inhaltslose Aussage – wer die Existenz von Übernatürlichem behauptet, der meint doch gerade, dass dies zur natürlichen Welt gehört. Abgrenzen kann man hier nur wieder mit der wissenschaftlichen Methode.

Beitrag von Mark aus dem Brights-Forum, 27. Aug 2009:
»Kann man denn „ontologisch“ und „methodologisch“ nicht vergleichen wie auch „Naturalist“ und „Naturist“? Der eine ist prinzipiell „nackt“, der andere praktisch.«

„the brights“ logo (The Brights‘ Net) / CC BY-NC-ND 3.0
Verfasst von: Monist | 18. März 2013

Preis der Ethik

Ich weiß nicht ob es bereits einen festen Ausdruck gibt für den Zusammenhang von Moral und dem Preis der Moral.

Meines Erachtens lässt sich für den Preis der Ethik geradezu als sozialwissenschaftliches Gesetz aufstellen:

Je höher der subjektive Preis für die Umsetzung ethtischer Normen ist,
um so niedriger ist die Bereitschaft, eine solche Norm auch einzuhalten.

Was damit gemeint ist, will ich im folgenden darstellen:
Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland in den Besatzungszonen eine strickte Rationalisierung der Lebensmittel, d. h. Lebensmittel konnten im Laden nur unter Vorlage eines Bezugsscheins erworben werden. Genaugenommen war alles mögliche rationalisiert und nur unter ausdrücklicher Genehmigung zu erwerben. Andererseits bestand für die Lebensmittel im Laden eine Preisbindung, die von dem Wert der Waren aufgrund der Geldmengenerhöhung im Dritten Reich irreal abwich. Das hatte einen blühenden Schwarzmarkt zur Folge mit teils horrenden Preisen oder aber der Währung „Tauschware“. Die universellste Tauschware waren Zigaretten.

„Kohle“, Lizenz siehe Bildfuß

„Kohle“, Lizenz siehe Bildfuß

Nun war aber der Handel auf dem Schwarzmarkt strikt verboten und wurde mit Gefängnis bestraft. Für die meisten Menschen galt das Gesetz doch als eine ethische Norm. Abgesehen von ganz wohlhabenden Schichten hat sich wohl ein ganz überwiegender Teil der Menschen an diesem Schwarzmarkt beteiligt, und zwar auch Beamte und Polizisten. Der Krimmi „Trümmermörder“ von Cay Rademacher berichtet recht anschaulich davon.

Auch wurde das Stehlen von Nahrungsmitteln und Kohlen zum Heizen zeitweilig geradezu zu einem Kavaliersdelikt. Es wurden Ruinen geplündert und auf dem Schwarzmarkt verhökert, was nicht niet und nagelfest war.

Um auf den Preis der Ethik zurück zu kommen: Je dringender man bestimmte Dinge benötigte, umso eher war man in dieser Not bereit, sich über alle möglichen Normen hinweg zu setzen. Wenn mir der Arzt sagt, dass mein krankes Kind stirbt, wenn es keine Antibiotika bekommt, dann bin ich möglicherweise bereit, alle möglichen Ethischen Normen über Bord zu werfen, um die Antibiotika zu bekommen, weil der Tod eines Kindes doch ein recht hoher Preis für ethische Normen wäre.

Diese Ausnahmesituationen bedeuten nicht, dass man die ethischen Normen grundsätzlich verwirft. Wer einmal Kohlen stiehlt, will deswegen noch lange nicht, dass der Diebstahlstatbestand aus dem Gesetz gestrichen wird. Aber wenn der Preis für die Norm im Einzelfall zu hoch ist, wird sie gebeugt.

100Das gilt auch anders herum, wenn der Anreiz, etwas zu gewinnen zu hoch ist: Findest Du in einem unbeobachteten Moment ein Portemonai mit viel Geld auf der Straße und brauchst Du dies auch gerade dringend, so ist eben der Verzicht auf dieses Portemonai der Preis für die Einhaltung der Norm – grundsätzlich wird wohl niemand anzweifeln, dass Fundstücke beim Fundbüro abzugeben sind, da ansonsten der Straftatbestand der Fundunterschlagung vorliegt.

Die oben genannte Norm ist auf alle möglichen Tatbestände übertragbar, auch auf politische:
Die meisten Menschen werden der Behauptung zustimmen, dass es nicht gerecht ist, dass die einen reich und die anderen arm geboren werden. Geht es aber um die Frage, ob das Erbrecht abgeschafft und das Guthaben der Versorbenen vom Staat verteilt werden soll oder geht es auch nur um die Erhöhung der Erbschaftssteuer, so wird der subjektive Preis für eine solche politische Maßnahme für diejenigen zu hoch sein, die selbst eine größere Erbschaft zu erwarten haben. Auch wenn sie vielleicht abstrakt eine solche Norm für gerecht halten würden, stimmen sie aus Gründen des subjektiven Preises für diese Ethik nicht zu.
Anders ausgedrückt: Der Preis korrumpiert die Ethik.

Bild „Kohle“, Fotograf: brenda_lee, Quelle: http://www.piqs.de, http://piqs.de/fotos/search/Kohle/75950.html, Lizenz: Creative CommonsLizenz (BY 2.0)
http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de,  http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/

Verfasst von: Monist | 11. März 2013

Verständnis für andere Menschen und Determinismus

Wer regt sich nicht gelegentlich über andere Menschen auf?
Geh mal in die U-Bahn, da fällt es meistens gar nicht so schwer, wenn man die Leute vor der Nase hat.

„Stadium Brawl“, Lizenz siehe unten

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Neulich zum Beispiel. Da komme ich in die U-Bahn und sehe nur noch einen freien Platz: Schön, da brauche ich nicht die ganze Zeit zu stehen. Als ich sitze, merke ich, warum genau dieser Platz frei geblieben ist: Mir gegenüber sitzt der Inbegriff des Mobs. Pack. Noch recht jung und daher glücklicherweise (noch) nicht gefährlich. Es fletzt sich breitbeinigst auf einen Zweiersitz, daneben kein Platz mehr für andere Personen, es sei denn, man legt sich an und weist es zurecht. Die Jeans ist offensichtlich so geschnitten, dass der Schritt sonst wo hängt, nur nicht dort, wo er hingehört. Es trägt Kettchen und so eine wiederliche Kappe, ich glaube Baseballkaps sind das, die vorn so eklig steil ansteigen und überhaupt ätzend aussehn. Eine Frisur hat es nicht.

Das interessiert mich eigentlich nicht, wie andere Leute angezogen sind, aber irgendwie bringt es mich auf die Palme. Es hat auch noch Ohrstöpsel drin mit irgendeiner aggressiven zu lauten Musik. Am liebsten würde ich es jetzt anschnautzen.

Aber was habe ich da eigentlich vor mir? Der Typ ist doch auch nichts anderes, als ein Produkt unserer Gesellschaft, ein Produkt seiner Gene und seiner Erziehung – oder der fehlenden Erziehung. Vielleicht wird er ja zu Haus nur drangsaliert von den Eltern. Hat vielleicht gerade mit dem ersten Geld selbst Kleidung gekauft: Und dann natürlich solche, die er für richtig cool hält – denn er muss sich möglicherweise noch auf dem Schulhof behaupten, vor den Geschwistern, dem Lehrer und dem Mob auf der Straße. Dass das gegenüber Erwachsenen nicht funktioniert, weil er sich damit gerade als jugendlicher Rotzlöffel zu erkennen gibt, wird er vielleicht erst später begreifen.

„Tunnelblick“, Bildlizenz siehe unten

„Tunnelblick“, Bildlizenz siehe unten

Mein Gegenüber ist tatsächlich auch völlig unentspannt. Vielleicht ist es die Pubertät. Vielleicht hat er schlechte Noten in der Schule, weil er sich schlecht konzentrieren kann,  vielleicht hat er Liebeskummer?

Auf einmal tut mir die Wurst leid. Was kann man dagegen tun, dass jemand so auftritt? Würde ich in ein Gespräch mit dem Burschen geraten, würde ich vielleicht sogar versuchen, ihn trotz seines Auftretens ernst zu nehmen, vielleicht seine Meinung zu etwas erfragen, damit er mal merkt, dass man auch als Mensch wahrgenommen werden kann: Das alles jedoch nur, weil ich mich frage, welche Kausalkette ihn zu dem gemacht hat, der er heute ist – über die Gedanken bin ich dann selbst überrascht.

Bild „Stadium Brawl“, Fotograf: terren in Virginia, Quelle: http://www.piqs.de, http://piqs.de/fotos/search/Baseball/165641.html; Lizenz: Creative CommonsLizenz (BY 2.0) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de, http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/

Bild: „Tunnelblick“, Fotograf: forry, Quelle: http://www.piwqs.de, http://piqs.de/fotos/search/U+Bahn/15169.html, Lizenz: Creative CommonsLizenz (BY 2.0) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de, http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/

Verfasst von: Monist | 4. März 2013

Verantwortung und Selbstreflektion

Wofür sind wir verantwortlich? Wie weit können wir für das verantwortlich sein, was andere Menschen tun?

Echte Verantwortung existiert nur dort, wo Menschen sich selbst verantwortlich fühlen bzw. Verantwortung übernehmen. Wie aber kann man für das verantwortlich sein, was andere Menschen tun? Man kann doch nichts dafür! Genaugenommen kann man aber auch nichts für das eigene Handeln. Verantwortung übernehmen können wir immer nur für Sachverhalte, auf die wir kausal einwirken können – und das ist tatsächlich unabhängig davon, ob wir ursprünglich mit dem Sachverhalt überhaupt etwas zu tun hatten.

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Titel: „…bald ist es so weit“,              Bildlizenz siehe unten

Siehst Du z. B. Kinder auf einem nur leicht zugefrorenen See herum laufen, so kannst Du Dir sagen: Was geht mich das an, es sind doch nicht meine Kinder! Wenn die so risikofreudig sind, sollen sie doch! Im Grunde eine liberale Haltung: Jeder so, wie er mag. Spätestens in dem Moment aber, in dem eines der Kinder durch das dünne Eis einbricht, wirst Du doch in die Szenerie hinein gezogen: Jetzt musst Du Hilfe leisten, wenn es Dir möglich ist – Du musst nicht Dein Leben gefährden indem Du in ein Eisloch springst, aber Du musst alles tun, um zu helfen – z. B. könntest Du vielleicht Deinen Mantel an einen langen Stock binden und so versuchen, einem eingebrochenen Kind heraus zu helfen, ohne Dich selbst zu gefährden.

Wo wir bei einem anderen Thema wären, dass nämlich die Menschen die Moral proportional zurück drängen, je höher der subjektive persönliche Preis bzw. Gewinn ist.

Im oben genannten Fall schreibt sogar unser Strafgesetzbuch vor, dass in einer Notsituation geholfen werden muss, ansonsten begeht man „Unterlassene Hilfeleistung“ – und zwar selbst dann, wenn man zuvor mit der Szenerie nichts zu tun hatte. Erheblich härter wird man bestraft, wenn man sogar eine Garantenstellung aufgrund Gesetzes oder Vertrages inne hat (Polizei, Feuerwehr, Arzt, Eltern). Man nennt dies dann eine Straftat durch Unterlassen. Selbst Mord durch Unterlassen ist theoretisch denkbar. Obwohl wir nichts tun,

werden wir verantwortlich gemacht, weil wir kausal einwirken könnten und das Schlechte Ergebnis hätten abwenden können. Handeln und Unterlassen sind gleichwertig, was den kausalen Zusammenhang betrifft.

Wusstest Du schon, gut. Warum ich das hier anführe? Weil die Verantwortung für eine bestimmte Szenerie durch unsere Gesetze bzw. unsere Kultur begründet wird. Wir tragen dort Verantwortung, wo es üblich ist. Diese Vorschriften sind Gesetzesform gewordene, über Jahrhunderte gewachsene Ethik.

Erkennst Du das aber, musst Du darüber nachdenken, auf welche Sachverhalte in der Welt Du ursächlich einwirken kannst, auch wenn Du aus rein kulturellen und traditionellen Gesichtspunkten nicht dafür verantwortlich gemacht wirst. Tatsächlich steht bei dieser Erkenntnis die Tradition zur Disposition.

Baum

Titel: „spiel mir das Lied vom Tod“, Bildlizenz siehe unten

Kann jemand etwas dafür, wenn er arm geboren wird? Kann jemand etwas dafür, wenn er reich geboren wird? Kannst Du etwas dafür, dass Du in der Ersten Welt geboren wirst und ein anderer in der Dritten Welt? Sind wir verantwortlich, wenn wir ein Kind in der Dritten Welt erschießen, nicht aber, wenn wir es verhungern oder verdursten oder an Seuchen sterben lassen? Ist ein Land dafür verantwortlich, was ein anderes Land tut?

Niemand kann etwas dafür. Das bedeutet aber nicht, dass man es nicht überdenken und ggf. ändern könnte.

Bild „…bald ist es so weit“, Fotograf: Ilagam, Creative CommonsLizenz (BY 2.0) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de, http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/, Quelle: http://www.piqs.de (http://piqs.de/fotos/search/Schlittschuh/135670.html)

Bild: „spiel mir das Lied vom Tod“, Fotograf: adlernest, Creative CommonsLizenz (BY 2.0) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de, http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/, Quelle: http://www.piqs.de (http://piqs.de/fotos/search/Afrika/143923.html)

Verfasst von: Monist | 25. Februar 2013

Selbstreflektion und Determinismus

– nicht nur für Deterministen –

Die meisten Menschen akzeptieren recht gut, dass andere Menschen von ihren Erfahrungen, Erlebnissen, von ihrer Erziehung etc. geprägt wurden, erkennen das jedoch bezüglich ihrer eigenen Person nicht an.

Natürlich wählen die Kinder der ABC-Partei-Mitglieder wieder die ABC-Partei oder eine solche des ähnlichen Flügels (statistisch), nur man selbst wählt eben diese Partei natürlich aus rein sachlicher Überlegung. Natürlich hatte der Kriminelle eine schlechte Kindheit – aber sei einmal ehrlich: Ginge es um Dich selbst, würdest Du keine Disposition durch eigene Erfahrungen anerkennen, weil Du Dich in Deinen Entscheidungen nicht gebunden fühlst.
Hast Du Dich nicht auch schon einmal provozieren lassen? Hast ganz reaktiv reagiert, zumindest auf emotionaler Ebene?

Titel: Stone Bridge, Winterset, Iowa; Bildlizenz siehe unten

Titel: Stone Bridge, Winterset, Iowa; Bildlizenz siehe unten

Das rationale Erkennen der eigenen Determination ist daher wichtig, um die eigenen Positionen, Auffassungen und vielleicht sogar den eigenen Geschmack in Frage stellen zu können und einer radikalen rationalen Überprüfung unterziehen zu können, insbesondere aber auch, um die eigene Reaktivität erkennen und ggf. abändern zu können.

Wozu das gut sein soll? Natürlich hast Du Dir schon alles sorgfältig überlegt und kannst auch alles begründen, was Du vertrittst. Je mehr wir erkennen, dass wir durch bestimmte Ursachen bestimmt werden, je mehr können wir uns darüber erheben und können von dieser Bestimmung abweichen – wir müssen es nicht, aber wir können dies besser, als wenn wir in einer Reaktivität und Bewusstseinsbildung aufgrund langfristiger unterbewusster Einflüsse gefangen sind. Durch rationale Überprüfung unserer Selbst können wir uns ein größeres Maß an Freiheit schaffen, als diejenigen, die sich für akausal-frei halten und in dieser Position reaktiv gefangen sind. Auch wenn diese rationale Überprüfung und das Überdenken selbst kausal bestimmt wird, z. B. durch diesen Text.

Bildlizenz: Creative CommonsLizenz (BY 2.0) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de, http://piqs.de/regeln-zur-verwendung-der-fotos/, Titel: „Stone Bridge, Winterset, Iowa“, Fotograf: Thaddeus Roan, Quelle: http://www.piqs.de

Verfasst von: Monist | 18. Februar 2013

Yogi Tee

Yogi Tee

Neulich, an meinem Yogi-Teebeutel. Deterministen, kauft Yogi Tee!

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